Bemessung und Konstruktion von KS Mauerwerk

Eurocode 6

Mit dem Eurocode 6 erfolgt die Nachweisführung von Mauerwerk nunmehr auf Grundlage des semiprobabilistischen Sicherheitskonzepts. Erstmalig sind auch Regeln für die Bemessung von Mauerwerk aus großformatigen Steinen (z.B.KS XL) enthalten. Hierbei sind verminderte Überbindemaße von lol bis zur 0,2fachen Steinhöhe hu (mindestens 125 mm) unter bestimmten Randbedingungen gestattet.

Der Eurocode 6 gliedert sich in vier Teile:

  • DIN EN 1996-1-1 „Allgemeine Regeln für bewehrtes und unbewehrtes Mauerwerk
    enthält ausschließlich das genauere Berechnungsverfahren sowie die allgemeinen Grundlagen und Anwendungsregeln
  • DIN EN 1996-1-2 „Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung im Brandfall“ 
    Bestimmungen zur Bemessung im Brandfall mit der bekannten tabellarischen Ermittlung der Feuerwiderstandsdauer von Wänden (Heißbemessung)
  • DIN EN 1996-2 „Planung, Auswahl der Baustoffe und Ausführung von Mauerwerk
    beinhaltet die im Titel der Norm genannten Themen und enthält im zugehörigen Nationalen Anhang auch die konstruktiven Regeln für zweischaliges Mauerwerk
  • DIN EN 1996-3 „Vereinfachte Berechnungsmethoden für unbewehrte Mauerwerksbauten

regelt das bekannte und weitgehend unveränderte vereinfachte Berechnungsverfahren sowie zusätzlich ein noch weiter vereinfachtes Näherungsverfahren für den Nachweis von Gebäuden mit höchstens drei Vollgeschossen.


Bemessung von unbewehrtem Mauerwerk

Für die Bemessung von Mauerwerkswänden stehen im Eurocode 6 zwei Berechnungsverfahren zur Verfügung:

  • das genauere Berechnungsverfahren nach DIN EN 1996-1-1/ NA
  • das vereinfachte Berechnungsverfahren nach DIN EN 1996-3/ NA

Anwendungsvarianten der Rechenverfahren:
Die Grundlagen beider Berechnungsverfahren sind identisch. Die gleichzeitige Verwendung in einem Gebäude oder sogar innerhalb eines Bauteils ist zulässig. So kann beispielsweise die Biegebemessung einer Wand mit dem vereinfachten Verfahren erfolgen, während der Querkraftnachweis nach dem genaueren Verfahren geführt wird. Auch kann der Nachweis am Wandkopf und am Wandfuß mit Hilfe des vereinfachten Verfahrens erfolgen und – falls der Nachweis gegen Knicken in Wandmitte mit diesem nicht gelingt – hierfür das genauere Verfahren angewendet werden.


Bemessung von unbewehrtem Mauerwerk nach dem genaueren Berechnungsverfahren DIN EN 1996-1-/NA

Mit Hilfe des genaueren Berechnungsverfahrens ist gegenüber dem vereinfachten Berechnungsverfahren nach DIN EN 1996-3/ NA auch nach Eurocode eine größere Ausnutzung der Tragfähigkeit von unbewehrtem Mauerwerk möglich, indem die Eigenschaften des Mauerwerks und das Tragverhalten der Konstruktion exakter erfasst werden. Es lassen sich größere Wandhöhen und schlankere Konstruktionen nachweisen.


Bemessung von unbewehrtem Mauerwerk nach dem vereinfachten Berechnungsverfahren DIN EN 1996-3/NA

Das vereinfachte Berechnungsverfahren nach DIN EN 1996-3/NA ermöglicht den statischen Nachweis der meisten in der Praxis im Mauerwerksbau auftretenden Problemstellungen innerhalb kürzester Zeit und ohne großen Aufwand. Wesentlicher Vorteil hierbei ist, dass die auf die Wand einwirkenden Biegebeanspruchungen aus exzentrisch angreifenden Vertikallasten und Wind bereits in stark vereinfachter Form über die Randbedingungen im Bemessungsverfahren berücksichtigt sind. Daher kann auf eine detaillierte Schnittgrößenermittlung verzichtet werden.

Weitere berücksichtigte Randbedingungen und Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens finden Sie übersichtlich dargestellt im Eurocode 6 oder im Statikhandbuch ab S. 53.

Anwendungsgrenze und erweiterte Anwendungsgrenze für das vereinfachte Verfahren nach DIN EN 1996-3/NA

Anwendungsgrenzen und erweiterte Anwendungsgrenzen für das vereinfachte Verfahren nach DIN EN 1996-3/NA
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1) Einschließlich Zuschlag für nicht tragende Wände | 2) Als einschalige Außenwand nur bei eingeschossigen Garagen und vergleichbaren Bauwerken, die nicht zum dauernden Aufenthalt von Menschen vorgesehen sind; als Tragschale zweischaliger Wände und bei zweischaligen Haustrennwänden bis maximal zwei Vollgeschossen zzgl. ausgebautes Dachgeschoss; aussteifende Querwände im Abstand von ≤ 4,50 m bzw. Randabstand von einer Öffnung < 2,0 m. | 3) In den Windzonen 1, 2 und 3 (Binnenland): h ≤ 3,60 | Randbedingungen: Massivdecke ≥ 160 mm aus Stahlbeton mind. C20/25, voll aufliegend | Grundlage: Erweiterung des vereinfachten Nachweisverfahrens nach DIN EN 1996-3/NA für hohe Wände aus Kalksandstein Forschungsbericht F15-13-2015, Darmstadt (Graubner, Förster)


Vereinfachtes Berechnungsverfahren nach DIN EN 1996-3/NA:2019-12 Erweiterte Anwendungsgrenzen für Wandhöhen > 2,75 m

Mit der Neuausgabe von DIN EN 1996-3/NA:2019-12 wurde die maximal zulässige lichte Wandhöhe bei der Bemessung nach dem vereinfachten Berechnungsverfahren deutlich erhöht. Es sind nunmehr auch Wandhöhen von mehr als 2,75 m erlaubt. Damit sind jetzt auch die heutigen Anforderungen an moderne Wohngebäude im vereinfachten Berechnungsverfahren normativ berücksichtigt worden, so dass diese Wände nicht mehr bei erheblich höherem Aufwand mit dem genaueren Berechnungsverfahren nach DIN EN 1996-1-1/NA bemessen werden müssen.

Die neuen Anwendungsgrenzen sind in Tabelle NA.2 in DIN EN 1996-3/NA geregelt. Während die bisherige Regelung für Wände bis zu einer Höhe von 2,75 m unverändert geblieben ist, muss für höhere Wände u. a. die in den Fußnoten geregelte zulässige Windlast beachtet werden.

Diese ist für eine Winddruckbeanspruchung in allen Windzonen ausreichend. Die in den Gebäude-Randbereichen auftretenden deutlich höheren Windsogspitzen sind bei Wandhöhen ≥ 2,75 m in Windzone 3 (bei Höhe über Gelände > 10 m) und in Windzone 4 aber nur für Mauerwerksdruckfestigkeiten von mindestens 10 N/mm² abgedeckt.

Bemessung von unbewehrtem Mauerwerk nach dem stark vereinfachten Berechnungsverfahren DIN EN 1996-3 / NA, Anhang A

Eine weitere Vereinfachung die oftmals schon bei vielen üblichen Geschosswohnungsbauten angewendet werden kann:

In DIN EN 1996-3/NA ist in Anhang A ein stark vereinfachtes Berechnungsverfahren für unbewehrte Mauerwerkswände bei Gebäuden mit höchstens drei Geschossen geregelt. Für den Traglastfaktor Φ (dort CA genannt) gilt für Mauerwerk mit Druckfestigkeiten fk 1,8 N/mm2 bei voll aufliegender Decke:

Φ = 0,50 für λ 18
Φ
= 0,33 für 18 < λ 21 und für Decken mit geringen Lasten, insbesondere Dachdecken                            

  • Zusätzlich zu den Bedingungen des vereinfachten Berechnungsverfahrens gelten bei Anwendung des stark vereinfachten Verfahrens folgende weitere Anwendungsbedingungen:
     
  • Die Wände sind rechtwinklig zur Wandebene in horizontaler Richtung gehalten, und zwar entweder durch die Decken und das Dach oder durch geeignete Konstruktionen, z.B. Ringbalken mit ausreichender Steifigkeit.
     
  • Die kleinste Gebäudeabmessung im Grundriss beträgt mindestens 1/3 der Gebäudehöhe.
     
  • Die lichte Geschosshöhe ist nicht größer als 3,0 m. (Diese Bedingung ist im Regelfall durch die Allgemeinen Anwendungsgrenzen nach Tafel 21 ohnehin eingehalten. Nur bei Außenwänden mit t 24 cm ist die Geschosshöhe zusätzlich zu überprüfen.)

VWall - vereinfachte Statikberechnung nach Eurocode 6

Das Programm VWall bietet eine anwenderfreundliche Möglichkeit zum vereinfachten rechnerischen Nachweis von Mauerwerkswänden nach Eurocode 6. Der Nachweis kann nach der vereinfachten Berechnungsmethode für vertikal und durch Wind beanspruchte Wände gemäß DIN EN 1996-3/NA Abschnitt 4.2 oder alternativ nach dem noch weiter vereinfachten Berechnungsverfahren gemäß Anhang A der Norm erfolgen.

Die Randbedingungen des vereinfachten Berechnungsverfahrens werden abgefragt und vom Programm überprüft. Mit wenigen grundlegenden Eingaben zu den Material- und Systemdaten kann anschließend einfach und schnell die Tragfähigkeit vieler Standardfälle des Mauerwerksbaus berechnet werden. Die Ergebnisse werden prüffähig aufbereitet, ein Papierausdruck kann unmittelbar erfolgen.

Darüber hinaus wurde eine Erweiterung des Anwendungsbereiches des vereinfachten Berechnungsverfahrens nach Graubner, C.-A.; Förster, V.: Erweiterung des vereinfachten Nachweisverfahrens von DIN EN 1996-3/NA für hohe Wände aus Kalksandstein. Forschungsbericht F15-13-2014, Darmstadt 2014 wurde bereits integriert. In der neuesten Programmversion 1.6.1 wurde für Kalksandsteine die Berechnung der Ausnutzungsfaktoren im Brandfall afi und a6,fi ergänzt. Zukünftig werden die erweiterten Anwendungsgrenzen nach DIN EN 1996-3/NA:2019-12 für Kalksandsteine ergänzt.


Bemessung von Mauerwerkswänden nach DIN EN 1996-3/NA mit Tragfähigkeitstafeln

Die bauaufsichtliche Einführung des Eurocodes 6 (DIN EN 1996) führt seitens der Tragwerksplaner sowie auch der Hersteller von Mauersteinen zu dem Wunsch nach Hilfsmitteln für eine schnelle und effiziente Nachweisführung, um die Planung von Mauerwerksbauteilen ökonomisch erfolgreich bewerkstelligen zu können. Hierfür wurden sogenannte Tragfähigkeitstafeln entwickelt. Damit kann ein normengerechter Nachweis der Tragfähigkeit unbewehrter Mauerwerkswände auf Grundlage der vereinfachten Berechnungsmethoden gemäß DIN EN 1996-3/NA erfolgen.

Die Tragfähigkeitstafeln beinhalten auch die im Vergleich zu DIN EN 1996-3/NA erhöhten zulässigen lichten Wandhöhen , welche für die Bemessung von Kalksandsteinmauerwerk nach DIN EN 1996-3/NA für definierte Randbedingungen gültig sind. Insbesondere ist zu beachten, dass die Deckenstützweiten nach DIN EN 1992-1-1/NA 7.4.2 zu begrenzen sind.

Mit Hilfe der Wanddicke t, der lichten Höhe h, der Deckenspannweite lf sowie der Art der Deckenauf-lagerung kann dort ein Tafelwert abgelesen werden, mit welchen nach folgender Gleichung die zulässige aufnehmbare Normalkraft nRd in kN je lfd. m schnell und wirtschaftlich bestimmt werden kann.

Mehr Informationen wie z. B. die Tragfähigkeitstafeln zur Berechnung der aufnehmbaren Normalkraft pro Laufmeter finden Sie im Merkblatt: Bemessung von Mauerwerkswänden mit Tragfähigkeitstafeln.


Weitere Informationen

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Eurocode 6

Eurocode 6 3. Auflage, März 2017, 20 Seiten DIN A5
Das Nachweisverfahren nach Eurocode 6.

zum kostenfreien Download
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VWall

Statikprogramm für den vereinfachten rechnerischen Nachweis von Mauerwerkswänden nach Eurocode 6.

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Statikhandbuch

Statikhandbuch 3. Auflage. Das anerkannte Standardwerk für den Mauerwerksbau.

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