Lebenslänglich: Kalksandstein bindet CO2

Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen gelten in der öffentlichen Wahrnehmung als besonders nachhaltig. Dies liegt vor allem an ihrer Fähigkeit, klimaschädliche Treibhausgase binden zu können.

Prof. Dr. Bernhard Middendorf, Leiter des Fachgebiets Werkstoffe des Bauwesens und Bauchemie am Fachbereich Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen an der Universität Kassel und Studierende der Universität Kassel haben nun in zwei aktuellen Versuchsreihen herausgefunden, dass mindestens vierzig Prozent der CO2-Emissionen der Kalksandstein-Produktion während des gesamten Lebenszyklus des Baustoffes wieder gebunden werden. Dieser Recarbonatisierungseffekt ist ein Baustein auf dem Weg zur Erstellung klimaneutraler Gebäude.

Aktiver CO2-Speicher

Aus den Versuchen der Universität Kassel ging hervor, dass Kalksandsteine während ihres Lebenszyklus rund vierzig Prozent des bei ihrer Herstellung entstehenden Kohlenstoffdioxids aus der Atmosphäre wieder aufnehmen können. Da laut aktueller Umweltdeklaration (EPD) der ökologische Fußabdruck des Baustoffs Kalksandstein bei 125 Kilogramm CO2 pro Tonne liegt, entspricht der Wert der Recarbonatisierung ca. fünfzig Kilogramm CO2 pro Tonne.

Bei den Untersuchungen ergab sich ebenfalls, dass Kalksandsteine das aufgenommene CO2 chemisch in ihr kristallines Gefüge einbinden. Durch diese dauerhafte Speicherung tritt das CO2 also auch bei einem Abbruch eines Gebäudes nicht aus dem Material aus.

Unter Recarbonatisierung, also der CO2-Speicherfähigkeit, versteht man eine bekannte, gut erforschte, natürliche, chemische Reaktion von zement- und kalkgebundenen Baustoffen. Im Falle des Kalksandsteins wird diese CO2-Speicherfähigkeit durch das Bindemittel Brandkalk erzeugt, das aus natürlichem Kalk (Calciumkarbonat) gewonnen wird. Während der Herstellung von Kalksandsteinen werden Branntkalk und Sand im Verhältnis 1:12 gemischt und mit Wasser vermengt. Der Branntkalk wird so zu Kalkhydrat abgelöscht. Das Kalkhydrat reagiert mit der gelösten Kieselsäure des Sandes in sogenannten CSH-Phasen zu Calciumsilikathydraten. Dringt das in der Umgebungsluft vorhandene Kohlenstoffdioxid während der Nutzungsdauer des Kalksandsteins in seinen Porenraum ein, reagiert es dort mit der Zeit mit Anteilen der CSH-Phasen zu Calciumkarbonat, also zu dem Ausgangsstoff des Kalkkreislaufs.

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Kalksandsteine binden das aufgenommene CO2 chemisch in ihr kristallines Gefüge ein.

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