Kalksandsteinindustrie: Optimismus für 2017 trotz politischer Fehlentscheidungen

Wie war das Jahr 2016 für die Kalksandsteinindustrie und was kommt 2017 auf uns zu? Roland Meißner, Geschäftsführer des Bundesverbandes Kalksandsteinindustrie e.V., resümiert das Kalksandsteinjahr 2016 und gibt einen Ausblick auf das kommende Jahr.

„Die konjunkturelle Entwicklung im Jahr 2016 verlief für die Kalksandsteinindustrie durchaus positiv. Die Erwartungen von einem zweiprozentigen Plus sind mit einem tatsächlichen Wachstum von rund 3 Prozent, bei regionalen Unterschieden, übertroffen worden“, fasst Meißner das abgelaufene Jahr zusammen.

Weiterhin niedrige Zinsen, mangelnde Anlagemöglichkeiten und ein erheblicher Bedarf an Unterkünften für Flüchtlinge haben zu einer starken Bautätigkeit geführt. Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) in Wiesbaden wurde von Januar bis September 2016 der Bau von 276.300 Wohnungen genehmigt. „Das waren 24 Prozent bzw. rund 53.500 Genehmigungen mehr als im Vorjahreszeitraum“, so Meißner.

Am stärksten gestiegen sind die Genehmigungen von Wohnungen in Wohnheimen mit einem Plus von 129,6 Prozent. Zu ihnen zählen auch Flüchtlingsunterkünfte, ohne die das Plus insgesamt deutlich geringer ausgefallen wäre. Der Mehrfamilienhausbau verzeichnet ein starkes Wachstum von 27,5 Prozent. Die große Immobiliennachfrage hielt auch bei Zweifamilienhäusern (+12,6 Prozent) und Einfamilienhäusern (+3,0 Prozent) an.

Allerdings haben die positiven Zahlen auch einen Wermutstropfen. Die Erfahrung zeigt, dass genehmigte Bauvorhaben nicht zwangsläufig auch gebaut werden. So sind im Jahr 2015 insgesamt 313.296 Wohnungen und damit 10 Prozent mehr als im Vorjahr genehmigt worden, tatsächlich gebaut wurden aber nur 247.722 Wohnungen. Lediglich ein Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Für 2016 sind alle am Bau beteiligten aber zuversichtlich, dass das Plus an neu erstellten Wohnungen deutlich über dem Jahr 2015 liegen wird.

Positive Aussichten für 2017

Für 2017 ist Meißner ebenso optimistisch: „Die Kalksandsteinindustrie rechnet aufgrund der anhaltend guten Rahmenbedingungen, insbesondere im mehrgeschossigen Wohnungsbau, mit einem Absatzplus von 3 bis 5 Prozent, ebenfalls bei teils erheblichen regionalen Unterschieden.“

Die Kalksandsteinindustrie führt ihre positive Prognose nicht nur auf die guten Vorgaben aus dem Jahr 2016 zurück, sondern auch auf weitere wichtige Frühindikatoren. So prognostiziert unter anderem der Ifo-Geschäftsklimaindex für 2017 eine neue Rekordhöhe für das Bauhauptgewerbe. Auch beim Düsseldorfer Marktforschungsinstitut BauInfoConsult stehen die Zeichen auf Grün. Es erwartet ein ungebrochenes Wachstum für den Wohnungsbau, das mindestens bis in das Jahr 2018 reichen soll.

Ferner verfügt die Kalksandsteinindustrie als Systemanbieter serieller Wohnungsbaumodule mit großformatigen Kalksandsteinelementen über ganzheitliche Lösungskompetenzen, die die Baukosten deutlich senken und die Mauerwerksqualität steigern. Dies gilt für alle Arten von Neubauten, aber insbesondere für das starke Wachstumssegment Geschosswohnungsbau - eine Domäne der Kalksandsteinindustrie - wie auch der Wirtschafts-, Gewerbe- und Verwaltungs- sowie der kommunale Bau. Zudem hat die Studie „Kieler Modell“ der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e. V. eindeutig belegt, dass der Wandaufbau mit Kalksandstein und WDVS im Vergleich zu sieben anderen Außenwandkonstruktionen, die kostengünstigste Variante ist.

Positiv sieht die Kalksandsteinindustrie auch die Novelle des Baugesetzbuches zur „Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt“. Herzstück der Reform ist die neue Baugebietskategorie „Urbane Gebiete“, die neue Spielräume für den Wohnungsbau erschließen soll. „Novelle Vorgesehen ist das Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten in den Innenstädten flexibel zu gestalten. So darf in urbanen Gebieten dichter und höher gebaut werden, als in herkömmlichen Mischgebieten. Außerdem dürfen befristet bis zum 31. Dezember 2019 nun Bebauungspläne im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden, das auch städtische Außenbereichsflächen einbezieht. „Aufgrund dieser gelockerten Vorgaben gehen wir von einer steigenden Nachfrage von massiven Kalksandstein-Wänden aus, die sich durch ihre ausgezeichnete hohe Druckfestigkeit hervorragend für den soliden mehrgeschossigen Wohnungsbauten eigenen. Außerdem können die Wände schlank erstellt werden. Investoren und private Bauherren erhalten bis zu 7 Prozent mehr Wohn- und Nutzfläche bei gleichbleibenden Außenabmessungen, was sich letztendlich in Euro und Cent rechnet“, führt Meißner weiter aus.

Die positiven Kenndaten und Zuwächse dürfen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass in vielen Marktsegmenten die Bautätigkeit unterhalb des Bedarfs liegt. Besonderes im Mehrfamilienhausbau findet die Steigerung der Wohnungsneubauten vor allem im höherpreisigen Bereich statt. Nach wie vor fehlt es vor allem in Metropolen und Ballungszentren an bezahlbaren Wohnraum. Besonders für Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen wird unter Beachtung sozialer, demografischer und energetischen Anforderungen Wohnraum zum unbezahlbaren Luxusgut.

Politik muss nachbessern

Leider hat die Bundesregierung hierzu ihre Hausaufgaben noch nicht gelöst und legt der Bauwirtschaft darüber hinaus noch zahlreiche Bremsklötze in den Weg.

Ein Beispiel für verfehlte Wohnungsbaupolitik ist die Umsetzung der europäischen Immobilienkreditrichtlinie in deutsches Recht. Hier war die Idee aus Brüssel, Rahmendaten zu schaffen, die eine Immobilienblase vermeiden bzw. die sicherstellen sollen, dass sich Käufer eines Eigenheims nicht übermäßig verschulden. Herausgekommen ist mit der Deutschen Wohnimmobilienkreditrichtlinie eine Kreditbremse, die die faire Vergabe von Krediten zum Bau oder Renovierung fast gänzlich verhindert. Im Vergleich zu der früheren Vergabepraxis dürfen die Kreditinstitute hauptsächlich nur die langfristige Zahlungsfähigkeit der Kunden berücksichtigen und nicht mehr den Wert und die Wertsteigerung der Immobilie. Die Auswirkungen sind folgenschwer. Immer mehr bau- bzw. kaufwillige Bauherren, insbesondere jungen Familien und älteren Menschen, werden Kredite verweigert. „Hier muss schnellstens nachjustiert werden“, fordert Meißner.

Weitere Investitionsimpulse zur Ankurbelung des Wohnungsbaus mit bezahlbarem Wohnraum wären steuerliche Ansätze wie die dringend notwendige Verdopplung der AfA auf 4 Prozent und die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung. Außerdem ist eine Vereinfachung im Baurecht durch eine einheitliche Muster-Bauordnung in den Ländern wie auch die Verfügbarkeit von kostengünstigem Bauland durch Länder, Bund und Kommunen unabdingbar.

Insgesamt fehlt es hier nach wie vor an Umsetzungswillen.

Ein anderes Thema ist der „Klimaschutzplan 2050“, der am 14. November 2016 vom Bundeskabinett beschlossen wurde. Schon seit Jahren unterstützt die Kalksandsteinindustrie die Klimaschutzziele der Bundesregierung. Wir bieten passende und zukunftssichere Planungs- und Detaillösungen, mit denen die verschärften Anforderungen an den baulichen Wärme- und Klimaschutz problemlos realisierbar sind.

Allerdings erwarten wir auch eine drastische Einschränkung im Bereich Konsumverhalten und Wohnqualität vieler privater Haushalte, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Denn bei genauer Betrachtung der Maßnahmen des Umweltbundesamtes (UBA) entfernen wir uns immer mehr von der ursprünglichen Aussage, dass die Klimaschutzziele allein mit Effizienzgewinnen und weiterem Wachstum zu erreichen sind. Zusätzlich wird zum Beispiel aus Sicht des UBA auch eine Reduktion der Wohnfläche pro Einwohner in Betracht gezogen. Dies bedeutet, dass mittelfristig eine unmittelbare Stagnation und ein Rückgang der Wohnfläche- und -qualität Realität werden kann.

Ferner sind zurzeit 60 Prozent der Außenwände nicht gedämmt. Auch entsprechen nur rund 20 Prozent aller Gebäude – das sind fast ausnahmslos Neubauten - der aktuell gültigen Energie-Einsparverordnung (EnEV). Damit kommt der Fassadendämmung eine weiterhin große Bedeutung zu, die nicht zulasten der Förderung für den Neu- oder Ersatzbau gehen darf. Ohne entsprechende Dämmmaßnahmen und energetisch optimierte Neubauten werden die Klimaschutzziele der Bundesregierung nicht erreicht.

Vor diesen Hintergründen wird sich die Kalksandsteinindustrie in ihrer politischen Lobbyarbeit im Schulterschluss mit anderen Mauerwerksverbänden dafür einsetzen, dass die Wohnungsbaupolitik in 2017 ganz oben auf der politischen Agenda steht und zu einem zentralen Wahlkampfthema bei der anstehenden Bundestagswahl wird.

Neben den politischen Aufgaben sieht die Kalksandsteinindustrie im Bereich „Digitale Transformation“ besondere Herausforderungen. Dazu gehören unter anderem das Zukunftsprojekt der Bundesregierung „Industrie 4.0“ und „Building Information Modeling“ (BIM).

Unter all diesen Aspekten sieht Meißner der kommenden Zeit positiv entgegen: „Insgesamt ist die Kalksandsteinindustrie mit ihren bewährten Bausystemen, -techniken und bauphysikalischen sowie statischen Konstruktionslösungen wie auch dem umfangreichen Produktportfolio für alle künftigen Anforderungen sehr gut gerüstet und wird ihre Vorreiterrolle im konstruktiv, innovativen Mauerwerksbau weiter intensivieren.“

Quelle und weitere Informationen: Bundesverband Kalksandsteinindustrie


Roland Meißner, Geschäftsführer Bundesverband Kalksandstein
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